Fahrbericht BMW X3 xDrive 20d: Der Mehrkämpfer
Seit 2003 wird er gebaut, der BMW X3. Der Neue, seit einem halben Jahr auf dem Markt, demonstriert aufgeschlossen, welche Entwicklung der Allradler genommen hat. Sein Auftritt heute: Nicht als rustikaler Geländespezi kommt er daher, sondern mit durchaus geländegängigen, aber eben imponierenden soliden Pkw-Manieren, die man im Alltag schätzen lernt. Und er ist chic, außen wie innen. Dass er zur anspruchsvollen Oberschicht gehören will, macht er mit der Ausstattung deutlich. Größe hat sich der neue X3, positioniert zwischen X1 und X5, nicht nehmen lassen. Im Gegenteil. Er misst in der Länge 4,65 Meter. Seine Spurweite legte zu. Entsprechend geräumiger ist es nun auf allen Plätzen. Und ein paar Liter zusätzliches Gepäckraumvolumen wurden auch gewonnen.
Viele Jahre ist es her, dass Sport Utility Vehicles ihren Siegeszug in der Autobranche antraten. Kein Unternehmen, das sich nicht lumpen lassen wollte, kam letztlich umhin, wenigstens mit einer Art Vorzeigemodell Entsprechendes auf die Räder zu stellen; mitunter freilich reichlich spät. Ganze SUV-Familien wurden inzwischen innerhalb einer Marke gegründet. Auch BMW „xte“ mehrmals. Hautnahe Wettbewerber rücken dem X3 auf den Pelz. Audis A3 Sportback oder Volkswagens Tiguan will es wissen. In Stellung gingen an der SUV-Front nach und nach auch erschwinglichere Kaliber. Auf diese Weise bekam Gültigkeit: Wer die Wahl hat, hat die Qual.
Hier steht einzig und allein der BMW X3 xDrive 20d zur Debatte. Sein Namensschild bedarf kaum einer Erklärung. „xDrive“ steht für BMWs permanenten Allradantrieb, und hinter dem Kürzel „20d“ verbirgt sich ein Zweiliter-Common-Rail-Turbodiesel, der 135 kW/184 PS leistet und mit einem imponierenden Drehmoment von 380 Newtonmetern aufwartet. Damit ist schon eine Menge gesagt. Möglicherweise liegt es am Umgang mit der sechsgängigen Handschaltung, dass der Vierzylinder beim „Drehzahlmachen“ seine raue dieseltypische Arbeitsweise auch ein wenig im Wagen vernehmen lässt. Die beeindruckende Laufruhe des im 530d Touring kennen gelernten Reihen-Sechszylinders mit der wunderbaren Achtgangautomatik bleibt eben lange in Erinnerung. Fortan wird so ein Flüsterdiesel einfach irgendwie Maßstab …
Bleiben wir gleich bei den Fahrleistungen: Ein knapp 1,8 Tonnen wiegender BMW X3 xDrive 20d beschleunigt in achtbaren 8,5 Sekunden auf Tempo 100 und bringt es auf eine Höchstgeschwindigkeit von ehrlichen 210 km/h. Es wäre nicht BMW, würde sich die angeborene Fahrdynamik des Gefährts auf Wunsch sportlich ambitionierter Fahrer nicht steigern lassen. Also stehen grundsätzlich drei per Tastendruck wählbare Fahrdynamik-Programme (NORMAL, SPORT und SPORT ) zur Verfügung. Es geht um die „Fahrdynamik Control“ à la BMW. (Warum eigentlich nicht auch das deutsche Wort „Kontrolle“?)
Im Sportmodus werden Fahrwerk und Motormanagement einer forscheren Gangart angepasst. Dank des Eingriffs in die Dämpfung der Federung gewinnt das Auto beispielsweise bei sehr hoher Autobahngeschwindigkeit spürbar an Stabilität. Soll es von vornherein betont flott vorangehen, lässt sich der Sport-Modus über den iDrive-Drehknopf auf der Mittelkonsole („Einstellungen“) vorab entsprechend konfigurieren. Anteil an sicherer Fahrt hat natürlich von vornherein der permanente Allradantrieb xDrive.
Im NORMAL-Programm zeigt sich das Fahrwerk des neuen X3 allem gewachsen, was unter die Räder kommt; auch grobem Feldsteinpflaster, das mancherorts ewig unter Denkmalschutz zu stehen scheint. BMWs SUV schwebt nicht über Unebenheiten, bügelt sie aber erstaunlich glatt. Pkw-Komfort !
Offensichtlich verdrängt das Temperament, das dem Turbodiesel-Vierzylinder entspringt, jeden Gedanken an mehr Leistung. Weil man sehr flott unterwegs sein kann mit einem X3 xDrive 20d. Und das zu erstaunlich niedrigem Kraftstofftarif! BMW gibt als kombinierten Durchschnittsverbrauch 5,6 l/100 km an. Mit solcher Spardiät begnügte sich gelegentlich auch der Testwagen – laut Bordcomputer. Im Großen und Ganzen pendelte der Verbrauch zwischen sechs und acht Litern. Gut gemeint ist die Schaltempfehlung (Symbolik-Aufforderung im Drehzahlmesser). Solche Einrichtung ist branchenweit in Mode gekommen, wird aber von demjenigen, der regelmäßig Umgang mit einem bestimmten Auto hat und den Charakter seines Motors ausreichend verinnerlichte, wohl weniger beachtet. Hingegen dürfte das Start-Stopp-System tatsächlich spürbaren Anteil vor allem am erstaunlich geringen Verbrauch im Stadtverkehr haben. Zu Protokoll ist aber auch das zu geben: Anhaltend hohes Autobahntempo bohrt keineswegs ein Loch in den Tank. Jenseits aller Tempolimits muss es schon sehr zügig vorangehen, um deutlich mehr als neun Liter für 100 Kilometer zu verfahren. Erst wer sich länger nahe der Höchstgeschwindigkeit aufhält (wo geht so was heutzutage denn noch?), begibt sich in den zweistelligen Verbrauchsbereich. BMW fasst das Maßnahmepaket zur Verbrauchssenkung unter „EfficientDynamics“ zusammen. Start-Stopp-System und Rückgewinnung der Bewegungsenergie in Schub- und Bremsphasen gehören dazu, aber auch aerodynamisches Exterieurdesign und ein zielorientiertes Motormanagement.
Von einem gebürtigen SUV erwartet man nicht unbedingt, dass es dessen Interieur und der gebotene übrige automobile Komfort auf Verwöhnung anlegen. Schon ein kurzer Blick in einen X3, erst recht ein Fahrerlebnis, selbst ein nur kurzes, korrigiert solchen Vorbehalt. Gründlich. Weil weit mehr als das mittlerweile allgemein Übliche an Ausstattung geboten wird. Zudem werteten den Testwagen imponierende Dinge auf, die zwar zusätzlich richtig Geld kosten, aber eben verführerisch nützlich sind: Head-up-Display, Lenkradheizung, Rückfahrkamera, automatische Heckklappenbetätigung, Navigationssystem und HiFi System Professionel samt Handy-Vorbereitung (Bluetooth), USB-Schnittstelle, Freisprecheinrichtung, Bereifung mit Notlaufeigenschaft, adaptives Kurvenlicht, dynamische Dämpferkontrolle u.a.m.
Wer dem umfangreichen Angebot an Sonderausstattungen nicht widerstehen kann, dessen X3 xDrive 20d wird gegebenenfalls eben um die Hälfte teurer. Dafür fehlt es ihm aber auch an nichts, sagen wir fast nichts. Dass kein Spurhaltesystem verfügbar ist, kann man hinnehmen, zumal solche Assistenz nicht unbedingt wintertauglich ist, weil sie schneefreie Straßen braucht. Auch ein Abstandsradar mag vorerst ruhig höheren BMW-Reihen vorbehalten bleiben. Aber eine Warnung vor Fahrzeugen im toten Winkel sollte es endlich in jedem Auto geben!
Übrigens: BMW online macht tatsächlich mobiler. Genutzt werden konnten im Testwagen internetbasierte Mobilitätsdienste und Serviceleistungen: BMW Assist vermittelt beispielsweise aktuelle Verkehrsinformationen, Ausweichrouten und nützliche Hilfen vor Ort, und BMW online offeriert standortbezogene Mobilitätsdienste und Serviceleistungen.
Ein derart umfängliches Angebot zur Güte wirft die Frage auf: Was sollte oder müsste ein Auto von heute eigentlich noch alles können? – Nach einem zweiwöchigen Rendezvous mit dem X3-Testwagen fällt einem dazu wenig ein. (Auto-Reporter-Net/Wolfram Riedel)
Daten BMW X3 xDrive 20d:
Länge x Breite x Höhe (Meter): 4,64 x 1,88 x 1,67
Motor (Bauart, Hubraum): Turbodiesel-Vierzylinder, 1.995 ccm
Max. Leistung: 135 kW/184 PS
Max. Drehmoment: 380 bei 1.750 U/min
Kraftstoffverbrauch (nach NEFZ, kombiniert): 5,6 l/100 km
CO2-Emission: 149 g/km
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 8,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
Leergewicht/zul.Gesamtgewicht: 1.790/2.290 kg
Gepäckraum: 550 Liter, maximal 1.600 Liter
Basispreis: 39.400 Euro
Testwagenpreis: 61.390 Euro
Siehe auch:
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