BMW 3er Touring im Fahrbericht: Nah dran am perfekten Auto

Von wegen unpraktischer Lifestyle-Laster, der nichts wegsteckt, in dessen hochflorigen Velours-Kofferraum sich höchstens mal ein paar Einkaufstüten verirren. Der BMW 3er Touring will endlich ein echter Kombi sein mit viel Platz und cleveren Pack-Ideen. "Auf diesem Gebiet hatten wir etwas Nachholbedarf", so Projektleiter Ralf Gruenn.
Mit seinem um 35 Liter gewachsenen Standard-Kofferraum spielt er zwar nicht in einer anderen Liga, lässt aber immerhin die Kombi-Konkurrenten Audi A4 und Mercedes C-Klasse hinter sich. Das Maximal-Volumen legt sogar um 115 auf glatte 1.500 Liter zu –, und plötzlich ist selbst ein 5er Touring mit seinen 1.670 Litern nicht mehr so weit weg. Doch nicht nur Liter-Zähler kommen auf ihre Kosten: Um das Beladen zu vereinfachen, wird die Heckklappe des neuen BMW 3er Touring serienmäßig von einem Elektroarm gestemmt, der sich auf Kommando der Schlüsselfernbedienung oder per Gestensteuerung in Bewegung setzt. Für Besitzer niedriger Garagen lässt sich der maximale Öffnungswinkel im i-Drive-Menü begrenzen. Die klassische Touring-Spezialität der separat klappenden Heckscheibe ist dennoch geblieben.


 

Neuer BMW 3er Touring für Ordnungs-Fans
Bei offener Hintertür fällt zunächst die breite und mit 62 Zentimetern niedrige Ladekante des BMW 3er Touring auf, die von zwei Edelstahl-Einlagen vor Kratzern geschützt wird. Zusätzliche LED-Lämpchen in der Heckklappe leuchten des Weiteren bei Nacht das hintere Umfeld aus. Der schwere Rollokasten für Gepäcknetz und Kofferraumabdeckung ist jetzt in zwei separate Kassetten aufgeteilt, die sich leicht entriegeln und rückenschonend entnehmen lassen. Zum Verstauen der Kofferraum-Jalousie wurde eigens ein Fach unter dem Boden realisiert, auf das Gruenn besonders stolz ist: "Weil es den Rohbau der Karosserie betrifft, mussten die Interieur-Leute hart dafür kämpfen". Ordnungs-Fans finden außerdem jede Menge Taschen-Haken, Spannbänder und Netze, mit denen nach Herzenslust verstaut, verzurrt und fixiert werden kann.
Sollte es ganz hinten im BMW 3er Touring dann doch mal zu eng werden, lässt sich die Lehne im Verhältnis 40:20:40 umlegen. Wer etwa zu viert ins Skiwochenende starten möchte, klappt nur das Mittelteil vor und schiebt die Sportutensilien zwischen die beiden Außenplätze. Bei komplett flachgelegter Rückbank ergibt sich ein stufenloser, nur leicht ansteigender Ladeboden.
Größerer Radstand, höheres Dach
Die 50 Extramillimeter beim Radstand und das höhere Dach des neuen BMW 3er Touring kommen jedoch nicht nur dem Gepäck zugute. Auch Fondpassagiere freuen sich über mehr Kopf- und Knieraum sowie eine bequem gepolsterte Rückbank mit ausklappbarer Armlehne samt Cupholdern. Das Größenwachstum soll übrigens nicht zu mehr Gewicht führen. Durch einen gestiegenen Anteil hochfester Stähle im Karosseriebau konnte je nach Modell sogar um bis zu 40 kg abgespeckt werden – bei verbesserter Steifigkeit.

Bis zur B-Säule ist ohnehin alles wie bei der 3er-Limousine, so dass auch Kombi-Fahrer in den Genuss einer perfekten Sitzposition und vieler Oberklasse-Optionen kommen. Vom farbigen Headup-Display über den Abstandsregel-Tempomat mit Stop-and-go-Funktion bis zur Achtgangautomatik lässt sich der neue BMW 3er Touring zum Luxus-Laster aufrüsten, der dann jedoch auch preislich seine Klassengrenze weit hinter sich lässt. Nur das Qualitätsniveau steigt nicht gleichermaßen: Für ein Auto, das locker die 50.000-Euro-Grenze durchbricht, findet sich etwas viel Hartkunststoff an der Mittelkonsole oder den Türtaschen.
Erster 3er mit neuer i-Drive-Generation
Immerhin bekommt der Kombi als erster BMW 3er die neue i-Drive-Generation mit moderner Grafik spendiert. Dank fixerem Prozessor gehen Eingaben schneller von der Hand, zudem wurde die Bedienung entschlackt. So wollen Echtzeit-Verkehrsinfos nicht mehr aus den Untiefen des Menüs gefischt, sondern neben der Navi-Karte angeklickt werden. Zum Start im September stehen drei Motoren zur Wahl. Neben den Dieseln 320d und 330d macht der 328i bei den Benzinern den Anfang. Schon Ende des Jahres folgen die Basis-Varianten 320i, 318d und 316d (ab 32.350 Euro). Der von uns gefahrene BMW 328i Touring mit Turbo-Vierzylinder, 245 PS und Automatik macht seine Sache objektiv gesehen gut. Dank dem vollen Drehmoment ab 1.250/min presst er den 1,6-Tonner wuchtig aus dem Drehzahlkeller, um anschließend leichtfüßig bis an die 7.000er-Marke zu drehen. Allein der profane Klang des Zweiliter-Vierzylinders ist enttäuschend, während der einst für viele Markenfans gerade noch erschwingliche Sechszylinder-Sound den teuren Topvarianten vorbehalten bleibt.


 

BMW 3er Touring lässt sich präzise dirigieren
Vielleicht der einzige Rückschritt des Modellwechsels. Mit den hauptsächlich aus Aluminium gegossenen Fahrwerkskomponenten der Limousine, nahezu ausgewogener Gewichtsverteilung und deutlich breiterer Spur als beim Vorgänger (plus 48 Millimeter an der Hinterachse) umrundet der BMW 3er Touring Kurven ansonsten begeisternd leichtfüßig. Zudem lässt er sich über seine direkte Lenkung präzise dirigieren. Einen Dynamikverlust mussten Kombi-Kunden bei BMW noch nie befürchten.
Dem Traum vom perfekten Auto kommt der neue BMW 3er Touring damit ziemlich nahe: Schließlich vereint er genug Platz für die meisten Lebenslagen, hohe Agilität und modernste Elektronik mit innenstadttauglichen Abmessungen.

 

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